Die Vollstreckung einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung in der Schweiz: das Lugano-Übereinkommen
Die Vollstreckung einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung in der Schweiz: das Lugano-Übereinkommen
In den vorhergehenden Artikeln wurde den Forderungseinzug in der Schweiz zusammenfassend und rein beschreibend untersucht, mit dem Schwerpunkt darauf, was die Rechtsvorschriften vorsehen und welche Verfahren zu befolgen sind.
1. Wie man eine ausländische gerichtliche Entscheidung in der Schweiz vollstreckt
Hier wird die folgende Frage behandelt: Wie kann ein Gläubiger, der im Besitz einer im Ausland erwirkten vollstreckbaren Entscheidung ist, diese in der Schweiz vollstrecken? Dabei handelt es sich um eine besondere Angelegenheit des grenzüberschreitenden Rechts, die unter anderen Vorschriften durch das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, besser bekannt als Lugano-Übereinkommen, geregelt wird, das am 30. Oktober 2007 in der bekannten Tessiner Stadt abgeschlossen wurde.
Alle EU- und EFTA-Staaten haben sich an diesem Übereinkommen beteiligt, also auch die Schweiz, die es im Jahr 2009 genehmigt hat und am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist.
2. Das Lugano-Übereinkommen von 2007
Das Lugano-Übereinkommen von 2007 (das das gleichnamige Übereinkommen von 1988 aktualisiert und ersetzt hat) ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, mit Ausnahme einiger Bereiche, die vor allem die Persönlichkeitsrechte, Familienrechte, Konkurse usw. betreffen. Es betrifft auch nur «Entscheidungen», die von Gerichtsbarkeiten erlassen werden.
Ein Gläubiger, der im Besitz einer vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidung ist, muss daher zunächst eine Vollstreckbarerklärung der Massnahme von der Gerichtsbarkeit erhalten, die diese erlassen hat. Sobald er im Besitz dieser Erklärung ist, muss der ausländische Staat die Vollstreckbarkeit der Entscheidung in seinem eigenen Staat erklären: Dieses Verfahren (genannt Exequatur) ist vereinfacht, da das ausländische Gericht nicht auf die Entscheidung eintreten muss, sondern nur prüfen muss, dass alle im Lugano-Übereinkommen vorgesehenen formalen Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen.
Insbesondere kann die Entscheidung des ausländischen Staates anerkannt werden:
– (positives Erfordernis) wenn die im Übereinkommen vorgesehenen formalen Voraussetzungen eingehalten werden (z. B. Vorliegen der Vollstreckbarerklärung, Beweiskraft der Ausfertigung der Entscheidung usw.).
– und wenn (negatives Erfordernis) keine schwerwiegenden Verletzungen festgestellt werden (z. B. Unannehmlichkeit der Entscheidung mit der öffentlichen Ordnung des anerkennenden Staates, fehlende Gewährleistung eines angemessenen kontradiktorischen Verfahrens im ausländischen Staat, Unannehmlichkeit der erlassenen und endgültigen Entscheidung, usw.).
Die ausländische Entscheidung wird vom zuständigen Gericht (in der Schweiz das Bezirksgericht) als vollstreckbar anerkannt. Sobald das Exequatur erklärt wurde, wird die ausländische Entscheidung in jeder Hinsicht wie eine inländische Entscheidung des „Gaststaates“ gleichgestellt und unterliegt somit den Vorschriften dieses Staates im Bereich der Vollstreckung einer vollstreckbaren Entscheidung: in der Schweiz das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs SchKG.
3. Arrest und Massnahmen, die auf eine Sicherung gerichtet sind
Während des Exequaturverfahrens, also in der Zwischenzeit des Verfahrens zur Anerkennung der Vollstreckbarkeit einer ausländischen Entscheidung im eigenen Staat, kann der Gläubiger, gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Staates, in dem die ausländische Entscheidung anerkannt werden soll, den Erlass von Massnahmen zur Sicherung beantragen.
In diesem Zusammenhang ist eine Besonderheit bei der Vollstreckung in der Schweiz von nach dem Lugano-Übereinkommen anerkannten ausländischen Entscheidungen hervorzuheben. Die schweizerische Gesetzgebung sieht in der oben genannten SchKG einen eigenständigen Arrestgrund vor, in Verbindung ausschliesslich mit der Tatsache, dass der Gläubiger im Besitz einer nach dem Lugano-Übereinkommen anerkannten Entscheidung ist. So kann der Gläubiger, der eine Exequaturentscheidung in der Schweiz erwirkt hat, direkt einen Arrest gegen den dort niedergelassenen Schuldner beantragen, unabhängig von den üblicherweise geforderten Begründungen periculum in mora und fumus boni iuris.
Es handelt sich um ein äusserst wirksames Mittel zum Forderungseinzug in der Schweiz, da es dem Gläubiger ermöglicht, in kurzer Zeit und ohne übermässige Formsache ein unmittelbares Zwangsmittel von besonderer Stärke gegen den im Ausland niedergelassene Schuldner zu erhalten.
4. Wie viel kostet es, eine ausländische Entscheidung in der Schweiz anzuerkennen und zu vollstrecken?
Es wird stark empfohlen, sich bei solchen Verfahren von einem Anwalt beraten zu lassen, da es sich um eine Frage des internationalen Rechts handelt. Zu den Prozesskosten, die sich nach dem Wert der geltend gemachten Forderung richten, müssen daher noch die Anwaltskosten hinzugefügt werden.
Die Prozesskosten werden vom Gläubiger vorgeschossen, dann aber vom Gericht vollständig dem Schuldner auferlegt und so in der eigentlichen Vollstreckungsphase wiederbekommen. Auch die Anwaltskosten werden teilweise wiederbekommen, auch wenn nur teilweise.
Wichtiger ist, dass die Chancen, die Forderung einzutreiben, in der Schweiz sehr hoch sind, wie aus den vorangegangenen Betrachtungen und der Praxis zu entnehmen ist.
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Die Anwaltskanzlei Ciamei befasst sich mit solchen Themen und steht zur Kontaktaufnahme zur Verfügung.
Der vorliegende Artikel ist auch in den folgenden Sprachen verfügbar
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